Manifest Utopia revisited
Neues Gesellschaftsmodell bringt Menschen zusammen,
statt sie zu entzweien
Der Projekt Europa 2020 strebt den Anschluss der Länder der Europäischen Union (EU) an den Weltgipfel an. Ist das überhaupt machbar – denn der vorherige ehrgeizige Plan, das Lissabon-Abkommen (2000-2010), hat sich als nutzlos erwiesen? Die Chance auf Erfolg ist gering, weil die positive Dynamik in der Gesellschaft von dem bleischweren Erbe und dem Konfliktgedanken, von denen unsere Gesellschaft bis in ihre tiefste Faser imprägniert ist, erodiert wird. Dieses Manifest legt den Schwerpunkt auf die Situation in Belgien, aber diese Analyse kann auch anwendbar auf andere westliche Länder sein, weil sie sich im Wesentlichen sehr ähnlich sind. Als Alternative zeigt das Manifest Utopia revisited ein neues Gesellschaftsmodell auf, das Menschen in Belgien, Europa und in der Welt vereint, statt sie zu entzweien. Es ermöglicht uns, den Traum einer glücklicheren Gesellschaft weiter zu hegen und zu pflegen.
Konflikgesellschaft auf dem Holzweg
Die westeuropäische Gesellschaft wird von einer Reihe positiver Kräfte geprägt. Dies sind eine offene Wirtschaft, eine gut ausgebaute staatliche Sozial- und Krankenversicherung und ein gutes Gesundheitswesen sowie ein höheres Unterrichtswesen, das eine große Anzahl an Hochqualifizierten hervorbringt. Neben dem Hang zum Sparen und der Verteilung des Reichtums über breite Schichten der Bevölkerung sind ein stark vernetztes Vereinsleben, eine recht gut funktionierende Demokratie und ein Gefühl für Bürgersinn andere wesentliche Eigenschaften unserer Gesellschaft. Diese Dynamik wird jedoch systematisch durch ein bleischweres historisches Erbe untergraben. Sowohl in der fernen als auch in der jüngsten Vergangenheit wurde meilenweit eine Strecke mit Balisen markiert, entlang derer der Strom der Gesellschaft fließen soll. Obwohl die Balisen veraltet sind und den einwandfreien Ablauf der Ereignisse behindern, wurden sie nie aufeinander abgestimmt. Die vielen „heiligen Kühe“ und die erworbenen Rechte machen nämlich jede Anpassung unverhandelbar. Der tief verwurzelte Konfliktgedanke ist allerdings mit einer schweren Hypothek belastet. Die Störung des demografischen Gleichgewichts erkauft sich teuer und die Planierwalze des Fortschrittsdenkens treibt die Wirtschaft an, immer mehr zu investieren, herzustellen und zu verbrauchen. In Belgien sind die neokorporatistischen politischen Grundpfeiler mit mächtigen, nicht gewählten Interessengruppen, die das Ruder in der Hand halten, immer noch fest verankert. Der Individualismus findet viel Beifall und ein grundlegender Mangel an Vertrauen und Respekt trägt zu einem Amtsschimmel, einem übertriebenen Drang zum Organisieren und zu Rassismus bei. All diese Elemente haben gemeinsam, dass sie auf einem Wettbewerb gründen, der Menschen systematisch entzweit. Arbeitgeberverbände stehen im direkten Widerspruch zu den Gewerkschaften und die Mehrheitsparteien würdigen die Oppositionsparteien keines Blickes. Staatsbürger und Behörden und schließlich Jugendliche und Senioren werden andauernd gegeneinander aufgestachelt. Diese Einstellung führt zu einer gesellschaftlichen Zerrüttung in vielen Bereichen. Verwaltungstechnisch gesehen liegen die Motoren der föderalen Regierung und der sozialen Abstimmung schon seit Jahren lahm. Belgien verfügt über einen bleischweren Überbau – mit zu vielen Parlamentsmitgliedern, Ministern und Kabinettsmitarbeitern und einer nachlässigen Verwaltung. Nie zuvor wurden die Schlüsselabteilungen Finanzen und Justiz derart vernachlässigt und mit einem ungenutzten Vorrat an Arbeitskräften von 1,6 Millionen Menschen geht es mit dem Arbeitsmarkt bergab. Nörgelei und ein übertriebener Drang zum Organisieren behindern die normalen Entwicklungen und die mangelnde Weitsicht führt dazu, dass heikle Dossiers auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben werden. Aus sozialer Sicht steigt der Druck auf die staatliche Sozial- und Krankenversicherung, nimmt die Armut zu und das Defizit im Gesundheitswesen schießt in die Höhe. Die Schwächung des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt dazu, dass es keinen Platz gibt für „Verlierer“ und Gefühle und dass alte Menschen in Einsamkeit verkümmern und die jüngere Generation vom Weg abkommt. Auch mit dem Respekt für Normen und Werte läuft etwas schief. Während die Gier und der Drang nach Macht und Prestige florieren, kämpfen wir gegen einen nicht aufzuhaltenden Werteverlust an, wird Missbrauch allgemein akzeptiert, nimmt die Korruption zu und scheitert die Kontrolle. Werbung und die Verehrung von Idolen treten an die Stelle der Religion. Mangels gesellschaftlicher Dynamik haben Reformpläne nichts bewirkt. Belgien kennt außerdem keine Debattenkultur und große kommerzielle Konzerne monopolisieren die Medien. Kurzum, die Gesellschaft ist auf dem Holzweg. Die alten Geschichten von früher – jede Form von Sinngebung wird ausgegrenzt – weichen neuen Devisen: sich selbst den Vorrang geben, ohne auf die anderen Rücksicht zu nehmen, soviel Geld wie möglich scheffeln, niemandem vertrauen und „nach uns die Sintflut“. Neben den Entwicklungen, die von uns selbst ausgehen, kommen im Zuge der Globalisierung zwangsläufig weltweite Herausforderungen auf uns zu. Wir brauchen jedes Jahr ein Wachstum von zwei bis drei Prozent, nur um Schritt zu halten. Darüber hinaus sind die zwölf neuen Volkswirtschaften unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Der geopolitische und geowirtschaftliche Schwerpunkt verlagert sich blitzschnell nach Osten, während die 79 ärmsten Länder immer mehr den Boden unter den Füßen verlieren. Unterdessen gehen die Rohstoffvorräte zu Ende und stellen Umweltverschmutzung und Klimawandel eine Bedrohung für den Menschen und die Natur dar. Trotzdem sind wir kaum auf die Zukunft vorbereitet. Warum Belgien trotz allem noch sein Geschäft versteht und wir reicher sind denn je, erklärt sich dadurch, dass die positive, wenn auch stark ausgehölte Dynamik ziemlich gut standhält, weil alle westlichen Länder an der gleichen Krankheit leiden. Aber bald kommt die Ernüchterung. Die Kluft zwischen uns und den neuen Volkswirtschaften scheint unüberbrückbar. Der Vormarsch von China, Hongkong, Russland, Südkorea, Indien, Singapur, Brasilien, Malaysia, Mexico, Thailand und der Türkei ist unaufhaltbar. Sie holen ihren Rückstand mit Riesenschritten auf und leisten laut Prognosen spätestens 2050 mehr als die westlichen Länder. Diese geraten unausweichlich in eine Abwärtsspirale. Belgien verliert jetzt schon international an Boden und die ausländischen Anlagen schrumpfen. Vier strukturelle Hindernisse sorgen dafür, dass das Blatt sich trotz der sehr hohen Produktivität nicht wenden wird: der schrumpfende Anteil auf den Exportmärkten, der äußerst hohe steuerliche und parafiskale Druck, die Ablehnung großer Reformen und schließlich die stetige Abnahme des Europäischen Anteils an der Weltwirtschaft.
Neues Gesellschaftsmodell vereint Menschen: in Belgien, Europa und in der Welt.
Der rote Faden, der sich durch unser neues Gesellschaftsmodell zieht, ist das Motto Menschen zusammenbringen, statt sie zu entzweien. Dieses Modell beruht auf vier Eckpfeilern: zunächst in Belgien, später in Europa und schließlich in der Welt. „First things First“: Die weltweite Wiederherstellung des demografischen Gleichgewichts von 2,1 Kindern pro Frau sieht die natürliche Erneuerung der Bevölkerung vor und hat eine gesunde Alterspyramide zur Folge. Die wesentliche Entwicklung bildet die Grundvoraussetzung für das friedliche Zusammenleben auf diesem Planeten, weil sie die Lösung für zwei heikle gesellschaftliche Probleme darstellt: die Migration und die Nutzung der Talente aller Bevölkerungsgruppen. Der zweite Eckstein ist die Wiedereinführung der biblischen Verwalterschaft. Wir müssen unbedingt das unheilvolle Fortschrittsdenken von immer mehr investieren, herstellen, verbrauchen und Wohlstand kreieren loswerden. Die Wirtschaft muss der Belastbarkeit des Menschen und der Natur Rechnung tragen. Da diese Grenzen der Belastbarkeit erreicht sind, haben wir keine andere Wahl, als unsere bisherige Position aufzugeben. An dritter Stelle sichert die Karriereplanung die Zukunft der staatlichen Sozial- und Krankenversicherung. Dieses Modell, das auf einer Gleichbehandlung möglichst vieler Menschen gründet, ist allgemein anwendbar, ganz einfach, flexibel gestaltbar, kohärent und geradlinig, schützt vor Ausschreitungen und erhebt die Gleichbehandlung zur Norm. Die logische Folge ist die allgemeine Einführung einer Pauschalsteuer, die unseren Wohlstand sichert. Der vierte und letzte Schritt besteht darin, das gesellschaftliche Vertrauen durch einen ethischen Code zu stärken. Es entstehen neue Formen ethischen Handelns, aber die sind lange noch nicht Mainstream. Nach einer parlamentarischen Debatte besteht die Aufgabe der Behörden sowohl darin, der Bevölkerung mit sanfter Hand ethische Prinzipien beizubringen, als auch darin, mit harter Hand einen ethischen Code durchzusetzen. Das wirft einen dreifachen Gewinn ab. Die Ausführung dieses Modells verläuft nach einem Plan phasenweise. In einem ersten Schritt werden in Belgien die Dinge in Ordnung gebracht. Das ist verwaltungstechnisch gesehen möglich durch die Einstellung von Fachleuten in jedem Bereich der Spitzenverwaltung, die eine Vision vorgeben und die zukünftige Entwicklungen realistisch einschätzen. Spitzenbeamte, die am Hoger Instituut voor de Administratie (Universität für Verwaltung) ausgebildet wurden, führen quer durch die Verwaltung Verbesserungen durch. Wir benötigen weniger, dafür aber klarere und eindeutigere Rechtsvorschriften. Aus sozialer Sicht kann eine solidarische Gesellschaft nur zustande kommen, wenn für diejenigen, die den Anschluss verpasst haben, die Sozialwirtschaft vollwertig ausgebaut werden kann. Die Ehrenamtlichkeit und die sozialen Netzwerke verstärken das soziale Kapital, während Kunst und Kultur die Lebensqualität verbessern. Darüber hinaus erfordert die Aufwertung der sanften Werte die Einführung von harten Regeln. In einer zweiten Phase befürworten wir, dass dieser Plan, der unser Leben weit mehr beeinflusst, als wir es vermuten, in Europa umgesetzt wird. Nachdem der Vertrag von Lissabon die Einrichtungen neugestaltet hat, steht Europa vor zwei großen Herausforderungen: die Integration verbessern und die internationale Verantwortung übernehmen. Der letzte Schritt ist die Wahrnehmung globaler Zuständigkeiten sowohlvon offiziellen als auch inoffiziellen Einrichtungen: den Vereinten Nationen und der G20. Die Debatte, die Nichtregierungsorganisationen und Betriebe über internationale Normen und Werte führen, soll in einen ethischen Code münden. Grundlage ist, dass alle Menschen auf der Erde das gleiche Schicksal teilen. Die Aktionspunkte lauten: die Millenniumsziele verwirklichen, weltweit als Beschützer unserer Brüder eingreifen und der Umweltzerstörung ein Ende bereiten.
Ausführung
Die Ausführung dieses Gesellschaftmodells umfasst vier Phasen. Leuchtendes Beispiel in Sachen Verbesserung der demokratischen Struktur ist die schweizerische Eidgenossenschaft mit ihrer Beschlussfassung aus dem Volk heraus, ihrem föderalen Wahlkreis, der Zusammenstellung der Regierung gemäß einer „Zauberformel“ und der jährlichen Ernennung eines anderen Präsidenten. Die in diesem Manifest befürwortete Revision der Gesellschaft hat weitreichende Folgen für alle Akteure. Die Objektivierung der Wirkung führt zu einer Hauptrolle für neue Einrichtungen: die Technokraten der Spitzenverwaltungen, die zentrale Kreuzungsbank der Gesetzgebung und zwei ethische Kommissionen. Durch die Aufwertung der Legislative wird der „trias politica“ wiederhergestellt, während die Verwaltung die Bevölkerung besser stützt und begleitet. Die Rolle des Mittelfeldes wird neu definiert. Der schwerste Schritt besteht in der Änderung der Einstellung. Zwölf Grundverhalten, die ineinander verflochten sind, ergeben einen vielfachen gesellschaftlichen Mehrwert und können schneller, als wir vermuten, das Blatt wenden. Die Ausführung dieses Modells führt mindestens zu einer haushaltspolitischen Nulloperation.
Traum einer glücklicheren Gesellschaft … mehr als eine Seifenblase?
Die Ausführung dieses Gesellschaftmodells umfasst vier Phasen. Leuchtendes Beispiel in Sachen Verbesserung der demokratischen Struktur ist die schweizerische Eidgenossenschaft mit ihrer Beschlussfassung aus dem Volk heraus, ihrem föderalen Wahlkreis, der Zusammenstellung der Regierung gemäß einer „Zauberformel“ und der jährlichen Ernennung eines anderen Präsidenten. Die in diesem Manifest befürwortete Revision der Gesellschaft hat weitreichende Folgen für alle Akteure. Die Objektivierung der Wirkung führt zu einer Hauptrolle für neue Einrichtungen: die Technokraten der Spitzenverwaltungen, die zentrale Kreuzungsbank der Gesetzgebung und zwei ethische Kommissionen. Durch die Aufwertung der Legislative wird der „trias politica“ wiederhergestellt, während die Verwaltung die Bevölkerung besser stützt und begleitet. Die Rolle des Mittelfeldes wird neu definiert. Der schwerste Schritt besteht in der Änderung der Einstellung. Zwölf Grundverhalten, die ineinander verflochten sind, ergeben einen vielfachen gesellschaftlichen Mehrwert und können schneller, als wir vermuten, das Blatt wenden. Die Ausführung dieses Modells führt mindestens zu einer haushaltspolitischen Nulloperation.